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Warum Prämiensparen manchmal sehr teuer werden kann

Ende März gingen die Bilder des Schiffes «Ever Given» weltweit durch die Medien. Das riesige Containerschiff blockierte querstehend über Tage den Suez-Kanal und brachte den Schiffsverkehr auf dieser für den Welthandel sehr wichtigen Schifffahrtsroute zum Erliegen. Schnell tauchten auf den sozialen Medien mehr oder weniger lustige Memes auf, meist mit Vorschlägen, wie das Problem zu lösen sei.

Nachdem das Schiff wieder flottgemacht werden konnte, entspannte sich die Situation rasch und man ging zum Tagesgeschäft über. Wer aber Ware auf diesem Schiff hat, dem blieb nicht nur das Lachen über die Memes im Hals stecken, denn die Konsequenzen aus dieser Havarie wurden vielen erst später im ganzen Umfang bewusst.

Während andere Schiffe den Kanal wieder passieren konnten, wurde die «Ever Given» von den ägyptischen Behörden festgehalten. Sie wollen das Schiff nicht freigeben, bis die geforderte Schadensumme von 916 Mio. USD bezahlt ist. Der Fachbegriff für einen solchen Vorfall heisst Havarie Grosse.

Ist das jetzt einfach ein Problem für die Reederei? Ja, aber nicht nur.

Denn nicht nur das Schiff ist blockiert, sondern auch die Ladung. Dies deshalb, weil bei einer Havarie Grosse nicht nur der Schiffseigentümer für den Schaden aufkommen muss, sondern auch die Eigentümer der Schiffsladung – und zwar anteilig dem Wert der Sendung.

Was das konkret bedeutet, sei an einem Rechenbeispiel gezeigt:

Angenommen der Wert des Containerschiffes beträgt USD 150 Mio. und der Wert der Ladung USD 850 Mio. (dies entspricht bei 18’000 geladenen Container einem Durchschnitt von USD 47’000 pro Container). Der Wert des Schiffes und der Ladung wäre dann USD 1’000 Mio., also ziemlich genau die Höhe der geltend gemachten Schadensumme.

In diesem Rechenbeispiel müsste also jeder Eigentümer einer Ware auf diesem Schiff in etwa den Warenwert seiner Sendung bezahlen um seine Sendung zu bekommen. Ausser natürlich, es wurde eine Transportversicherung abgeschlossen, welche eine Havarie Grosse einschliesst. Was wiederum die Wichtigkeit einer solchen Versicherung aufzeigt, auch für Fälle, bei denen die Ware gar nicht beschädigt wurde.

Aber auch wer eine Transportversicherung hat, ist nicht aus dem Schneider. Im Moment streiten sich die Reederei und die Behörden bezüglich der Schadensumme. Bevor dies nicht geklärt ist, wird keine Versicherung zahlen und Schiff und Ladung bleiben als Pfand in der Hand der ägyptischen Behörden.

Zwar wird das Schiff nicht von «Ever Given» in «Ever Taken» umbenannt, bis alles geregelt ist, können aber Monate oder auch 2 Jahre vergehen. Ersatzmaterial muss bestellt und weil dringend vielleicht per Luftfracht verschickt werden. Auch das geht in’s Geld. Und ob die bereits bezahlte Ware nach 2 Jahren an Bord noch verkäuflich ist….

Fazit: Auch eine Transportversicherung schützt nicht vor allen Risiken. Wer keine Versicherung abschliesst, sollte sich aber über die Risiken sehr genau bewusst sein und diese auch tragen können – nicht nur Seetransporten.

 

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